Die Politik ist längst in unserem Privatleben angekommen, egal in welchen Lebensbereichen, und wir haben uns schleichend daran gewöhnt. Politik bestimmt, sie fördert und sie fordert, sie gibt und sie nimmt. Von der Wiege bis zur Bahre und manchmal auch darüber hinaus.
Kolumne von Felix Baumgartner
Foto: Montage M. Jelinek
Die Politik nimmt
Jeder Mensch der in Österreich stirbt, ist automatisch Organspender. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Widerspruchslösung, die 1978 vom Europarat empfohlen wurde. Das soll heißen, wer nicht ausdrücklich widerspricht ist Spender.
Das Gegenteil davon ist die Zustimmungslösung, wie sie etwa in Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz zur Anwendung kommt. Bei dieser muss die betroffene Person zu Lebzeiten aktiv einer Organspende zustimmen, zum Beispiel durch Mitführen einer Spenderkarte oder eines Organspende-Ausweises.
Das heißt nicht, dass ich per se gegen Organspenden bin, aber ich werde gerne vorher gefragt, besonders bei einer staatlich legitimierten Organenteignung, die seitens der Politik nicht ausreichend in den Medien kommuniziert wurde.
Die Politik verspricht
Beim Automobil zum Beispiel: Früher gab es von der Politik Förderungen für Dieselfahrer, um der Umwelt angeblich etwas Gutes zu tun. Genau diese Dieselfahrer werden heute erbarmungsloser gejagt, als der mexikanische Drogenboss "El Chapo" in seiner schlimmsten Zeit.
Heutzutage sind es, weil gerade chic, die Elektro-Autofahrer, um die die Politik wirbt wie Romeo um seine Julia. Die Politik hat endlich eingesehen, dass der Mensch eben nicht der Umwelt, sondern NUR der eigenen Geldtasche zuliebe, auf E-Mobilität umsteigen wird.
Und wenn es mit Geld, beziehungsweise Subventionen alleine nicht geht, die übrigens auch wieder vom Steuerzahler kommen, dann gibt es auch noch andere Taschenspielertricks, um auch die hartnäckigsten "Verbrennungsmotoren-Narzissten" gefügig zu machen.
Ein sogenanntes Maßnahmenpaket, als Anreiz für den Umstieg auf die E-Mobilität gedacht, um Emissionen im Straßenverkehr zu reduzieren. Erreichen will man das auch durch die Erlaubnis zum Benützen der Busspur, Parkgebühren-Befreiungen und die Aufhebung des Luft-Hunderters auf Autobahnen für E-Mobile, die in den entsprechenden Bereichen dann wieder 130 km/h fahren dürfen.
Dieses Maßnahmenpaket ist aber in Wirklichkeit eine Mogelpackung, wie die erst kürzlich gemachte Aussage von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) unschwer erkennen lässt.
"Sollte sich beispielsweise in fünf Jahren zeigen, dass durch die Zunahme der E-Autos der öffentliche Verkehr behindert werde, kann man diese Maßnahme wieder zurückziehen", erläuterte die Ministerin. Es wird keine fünf Jahre dauern, bis aus diesen süßen Zuckerln saure Drops werden, und der Autofahrer am Ende wieder als "Trottel dasteht".
Die Politik bricht
Genauso wie die zahlreichen österreichischen Lokalbesitzer, die damals laut Angaben der Wirtschaftskammer rund 100 Millionen Euro in Umbauten für abgetrennte Raucher- und Nichtraucherbereiche investierten. Und wie schon beim Dieselmotor, möchte die Politik nun, also Jahre später, wieder eine Kehrtwende machen.
Insofern muss man es H.C. Strache hoch anrechnen, wenn er jetzt auf die beim Nichtraucher-Volksbegehren erreichten 881.569 Unterschriften pfeift und auf die bereits seit Jahren bestehende Raucher-Nichtraucher-Lösung beharrt.
Es wird also weiter geraucht und das ist gut so. Jeder Gastronom hat die freie Wahl, ob er lieber Raucher oder Nichtraucher in seinem Lokal haben will. Das ist gelebte Demokratie, dafür braucht es eigentlich keine Politik.
Die Politik braucht einen Maulkorb
Die brauchen wir auch nicht, wenn es um die Hundebesitzer geht. Nachdem ein einjähriger Bub auf tragische Art und Weise an den Folgen eines Rottweiler-Bisses in Wien-Donaustadt gestorben ist, fordern die für den Tierschutz zuständige Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein und die rote Umweltstadträtin Ulli Sima mit einem Schnellschuss eine Gesetzesverschärfung.
Unter anderem soll es in Zukunft neben dem Maulkorb eine Alkoholgrenze fürs "Gassi gehen" geben. Künftig dürfte man also mit über 0,5 Promille nicht mehr mit dem Hund vor die Haustür oder vom Wirt nach Hause gehen. Man muss sich mal vorstellen, wie das ist, wenn der Mann vom Wirten aus seine Frau anruft, damit sie den sieben Kilo schweren Mischlingshund abholt, weil der Mann vielleicht ein Achterl zu viel getrunken hat, die aber ihren Auftrag verweigert, weil sie beim Fernsehen ein Fläschchen Prosi weggekippt hat. Muss der Hund dann beim Wirten bleiben? Solche mehr oder weniger humorigen Szenarien könnte uns diese Politik bescheren.
Der Satz: "Es sind ja nicht alle so", ist ein viel gehörter. Meist bezieht er sich auf Asylwerber, die durch Messerstechereien, Vergewaltigungen oder derlei auf sich aufmerksam machen. Natürlich sind nicht alle so. Man kann wegen den Taten Einzelner nicht alle Asylwerber in einen Topf schmeißen und verteufeln. Es gibt auch gute, die sich integrieren und arbeiten wollen und nicht nur solche, die uns den "Clash of Cultures" bescheren. Dieser Satz also: "Es sind nicht alle so", ist ein legitimer. Warum aber soll er nicht auch für Hunde gelten? Warum wird jedes noch so liebe Wesen auf vier Beinen als beißwütiges Monster vorverurteilt und präventiv bestraft, indem man ihm einen Beißkorb aufzwingen will?!
Die Anlass-Gesetzgebung in der Stadt Wien - es ist ja mittlerweile bereits die zwölfte (!) - zeigt einmal mehr, dass in der Politik sehr oft nicht reagiert, sondern überregiert wird. Man hat den Eindruck, als würden manche PolitikerInnen von einer latenten Allergie gegen die Wirklichkeit und Experten geplagt. Wie sonst ist es zu erklären, dass solche selten bis nie eingebunden werden, wenn es darum geht, sinnvolle Gesetze zu schaffen.
Stattdessen versuchen sie eckige Kreise und runde Quadrate zu zeichnen und schaffen damit ihre eigenen Realitäten, die das Volk nicht will. Manchmal würde man sich daher einen Maulkorb für so manche PolitikerInnen wünschen.
FELIX BAUMGARTNER
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