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Writer's pictureFelix Baumgartner

Was wir aus Ibiza lernen können.

Updated: Feb 24, 2020

Eigentlich sollten wir HC Strache alle dankbar sein, denn seine politischen Allmachtsphantasien, die er in einer verwanzten Villa auf Ibiza zum Besten gab, haben uns allen die Augen geöffnet.



Kolumne von Felix Baumgartner

Foto: Beigestellt

Es war so etwas wie eine Kurzbeschreibung über die Art und Weise wie man in Österreich (und nicht nur hier) Politik macht. Grundtenor seiner "Job Description" für Politiker war quasi: Für Geld ist bei uns alles möglich, wir müssen uns nur zusammensetzen und dann Zack, Zack, Zack ... Der Rest ist politische Geschichte, wenn auch keine besonders rühmliche. Nach seinem Urlaub haben wir dann alle genauer hingesehen und das nicht nur beim ehemaligen FPÖ-Parteichef.


Politische Leichen im Keller jeder Partei


Und siehe da, wir sind auch prompt fündig geworden. Rote, schwarze, grüne, blaue und pinke Leichen im Keller aller Parteien. Ein politischer Friedhof der lange geheim gehalten wurde. Doch Leichen, egal woher sie auch kommen, haben eines gemeinsam: Sie werden irgendwann gefunden. Fangen wir also an sie zu exhumieren.

Was hier zum Vorschein kommt, stinkt gewaltig.Kreative Parteienfinanzierung, Wahlkampfkostenüberschreitungen in Millionenhöhe, Festplattenschreddern unter falschem Namen, korrupte Wiener Beamte, die für Geld gefällige Flächenumwidmungen durchführen und "Frauen-Grapscher", die sich im Parlament durch ihre politische Immunität der Verurteilung entziehen, sind nur einige der Leichen die zum Vorschein kommen. Andere sind oft bis zur Unkenntlichkeit verwest. Werden die Täter, offiziell werden sie im Volksmund auch Politiker genannt, dann in Politduellen mit diesen Leichen konfrontiert, hat man oft den Eindruck, alle Politiker teilen sich nur ein Gehirn, denn ihre Antworten gleichen sich wie eineiige Zwillinge.


Eine Politik der hohlen Phrasen


Am beliebtesten sind dabei Antworten wie: "Sie werfen ja nur mit Dreck um sich, in der Hoffnung, dass dabei etwas hängen bleibt. Oder: "So kurz vor der Wahl sei das ja nur ein sehr durchsichtiges Ablenkungsmanöver."Mein absoluter Favorit ist aber, wenn ein Politiker mit Fehlern aus der Vergangenheit seiner Partei konfrontiert wird und antwortet: "Schaun's, das war vor meiner Zeit." Das würde sich der neue VW-Chef Herbert Diess auch gerne wünschen, wenn er von Journalisten zum VW-Dieselskandal befragt wird. "Schaun's, das war vor meiner Zeit, fragen sie doch den Herrn Winterkorn.

"Sehr beliebt unter den Politikern ist auch die Einleitung einer Antwort mit: "Ich bin froh, dass Sie die mir die Frage stellen". Diese Einleitung wird gerne verwendet, wenn der politische Gegner in einem Wahlduell mit einer besonders unangenehmen Frage daherkommt. Man will damit dem Zuhörer suggerieren, dass einem die Frage überhaupt nicht unangenehm ist, sondern man froh ist, dass sie aufs Tapet kommt. Damit ist der politische Gegner bereits entwaffnet bevor der verbale Kampf begonnen hat.


Politische Wahlkampfmarionetten


Österreichs beste Sprach-Coaches und Spin-Doktoren haben in den letzten Wochen und Monaten ganze Arbeit geleistet und unsere führenden Politiker zu Sprach- und Wahlduell-Marionetten ausgebildet, die mit abgedroschenen Stehsätzen und hohlen Phrasen durch die österreichische Wahlkampfarena ziehen. Gemeinsame Sachpolitik und langfristige Lösungen, über die Parteigrenzen hinaus, sucht man vergebens.Die Themen der anderen Parteien werden einfach 1:1 kopiert, um nur ja nicht dem Gegner die Themenführung zu überlassen. Es wird gelogen, ohne sich nur im Geringsten dafür zu genieren. Es gehört mittlerweile zum politischen Tagesgeschäft, Fakten zu verdrehen und mit falschen Zahlen zu hantieren, um beim Zuhörer für maximale Verwirrung zu sorgen.

Noch perverser sind die dazugehörigen Fernsehformate, die allesamt nur einem Zweck dienen: Einschaltquoten zu generieren und den Zuschauer zu unterhalten. Da analysieren Politologen bereits vor der Sendung schon den Ausgang des Duells, dann wird nach jeder Runde live in eine Zeitungsredaktion geschalten, um auch hier noch eine Analyse einzuholen und am Ende der Auseinandersetzung kommentiert dann der österreichische Politikwissenschaftler Peter Filzmaier den Ausgang, übrigens sehr gut, wie ich finde. In manchen Sendeformaten werden von den Kontrahenten sogar noch vorher Geschenke ausgetauscht - Kindergarten lässt grüßen.Im alten Rom gab es das Kolosseum, heute gibt es die Wahlkampf-Arena. Damals waren es Gladiatoren, heute sind es Politiker in schicken Slim-Fit-Anzügen und mit teuren Uhren, die nicht müde werden zu betonen, wie wichtig ihnen das Volk ist: "Wir müssen die Sorgen der Bürger und Bürgerinnen wieder ernst nehmen", oder "Wohnen muss wieder leistbar sein". Noch dreister wird es dann, wenn genau diese Politiker auch noch "Ehrlichkeit und Transparenz" plakatieren.


Die Intelligenz verlässt das Land


Wie schizophren die Politik mittlerweile geworden ist, zeigt das Faktum, dass man Alt- und Neu-Kanzler Kurz per Misstrauensantrag das Vertrauen entzogen hat, um sich dann nach den Neuwahlen wieder per Koalition anzubiedern. Das wäre so, als ob ich in meiner Firma meinem Geschäftsführer das Vertrauen entziehe und ihn rauswerfe, um danach eine neue Firma zu gründen und den gleichen Geschäftsführer wieder einstelle. An dieser Stelle sei die Frage nach dem Geisteszustand solcher Politiker erlaubt.Politiker zu sein, heißt Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und dem Volk und seinem Land zu dienen. Es heißt nicht, am Rande der Legalität Parteifinanzierung zu betreiben, Korruption und Machtmissbrauch zu leben und das Volk in Wahlduellen für blöd zu verkaufen, um mit allen Mitteln wieder an die Macht zu kommen.


Ich habe mir bis zum Erbrechen alle Wahlduelle angesehen und erlebe die Kapitulation des Rechtsstaates, der seine Kernaufgaben, nämlich das Volk zu schützen und Schaden von ihm abzuwenden, nicht mehr bewältigen kann.Was wir wieder dringend brauchen ist Sachpolitik und nicht Parteipolitik, denn eines solltet Ihr Politiker nicht vergessen: Euer Dienstgeber ist nicht die Partei, sondern die Republik Österreich, und somit das Volk!


Felix Baumgartner


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